Lions Quest-Programm „Erwachsen werden“ an der JMS

Mit dem Erlass des Hess. Kultusministeriums vom 06.05.2015 (vergl. Amtsblatt 07/15) wird schulische „Suchtprävention als fächerübergreifender Auftrag für alle Lehrerinnen und Lehrer aller Bildungsgänge und Schulstufen“ definiert mit dem Ziel, „alle Schülerinnen und Schüler zu einem suchtfreien Leben zu befähigen. Die Förderung von Schutzfaktoren und Lebenskompetenzen bildet den Kern dieser Aufgabe.“

Diese Forderung nach universeller Präventionsarbeit verlangt zunächst nach einer Entscheidung für ein unspezifisch wirkendes Präventionsprogramm, mit dem sich die o.g. Kompetenzen erarbeiten lassen und das gleichzeitig die Funktion eines Kontinuität sichernden präventiven Rückgrates erfüllt.

Folgt man dem Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, so ist die „Vermittlung sozialer Kompetenzen (…) das wirkungsvollste Instrument zur Verminderung jugendlichen Problemverhaltens. Sie wirkt gegen Versagen in der Schule, Jugendkriminalität, Gewaltbereitschaft, und Missbrauch von Suchtmitteln.“ Das durch Lions-Quest in Deutschland seit mittlerweile 23 Jahren geförderte und erprobte Life-Skills-Programm „Erwachsen werden“ verfolgt eben diesen Denkansatz, indem es in einem ca. 4-jährigen kleinschrittig aufbauenden Lernprogramm für die Jahrgangsstufen 5 bis 8 die Vermittlung entsprechender sozialer, emotionaler und kommunikativer Kompetenzen anvisiert.

Diese sollen Kinder und Jugendliche in der Phase pubertärer Selbstfindung unterstützen und ihnen zur Bewältigung wachsender Herausforderungen, wie äußere Erwartungshaltungen, Leistungsdruck, Integration in Gesellschaft und Erwachsenenwelt das nötige Rüstzeug vermitteln, sodass schließlich auch eine konstruktive und verantwortungsvolle Teilhabe und Mitgestaltung an gesellschaftlicher Entwicklung ermöglicht wird. Umgekehrt definiert soll das Problemverhalten Jugendlicher vermindert werden, dessen Ursache häufig auf der Beziehungsebene, und damit mangelndem Selbst-Bewusstsein sowie nicht erlernter sozialer und kommunikativer Fähigkeiten liegt.

Die einzelnen Lerndimensionen und -schritte des handlungsorientiert konzipierten Programmes lassen sich im Überblick folgendermaßen skizzieren:

  • Bildung einer kooperativen Lerngruppe / Klassen-, Gesprächsregeln und Umgangsformen / Akzeptanz individueller Verschiedenheit
  • Erkennen eigener Stärken / Entwicklung von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
  • eigene/fremde Gefühle bewusst wahrnehmen und damit umgehen
  • konstruktiver Umgang mit Freundschaften und Beziehungen
  • Kritikfähigkeit entwickeln, eigene Meinung vertreten, widerstehen
  • Verantwortlich entscheiden und handeln
  • sich engagieren / mitgestalten Konkrete Maßnahmen und Arbeitsvorhaben:

Nachdem bereits ab dem Schuljahr 2000/2001 in einer ersten Phase mit „Erwachsen werden“ gearbeitet wurde, erschien aufgrund weitreichender personeller Veränderungen sowie der Überlagerung des Programms durch vielfältige andere fachspezifische und pädagogische Aufgaben schließlich ein Neustart notwendig. So hat sich die Gesamtkonferenz der JMS am 03.05.2018 erneut dafür entschieden, mit „Erwachsen werden“ zu arbeiten, es ins Schulprogramm aufzunehmen und in die Jahresarbeitspläne der Klassenstufen 5 – 8 (9) zu implementieren. Hierzu liegt ein detaillierter Stoffverteilungsplan vor (siehe oben), auf dessen Grundlage seit dem Schuljahr 2018/19 gearbeitet wird. Beginnend im Herbst 2017, haben mittlerweile nahezu alle Kolleginnen und Kollegen die zur Arbeit mit „Erwachsen werden“ vorausgesetzten 3-tägigen Einführungsseminare absolviert.

Eine erste Evaluation in Form einer Befragung der mit „Erwachsen werden“ arbeitenden KlassenlehrerInnen nimmt die folgenden Fragen in den Fokus:

  • Reicht die in den Jahresarbeitsplänen veranschlagte zeitliche Dimensionierung aus?
  • Ist die Verteilung der einzelnen Lernschritte auf die Jahrgangsstufen altersangemessen?
  • Welche Rückmeldungen gibt es seitens der Eltern?
  • Existiert ein Materialbedarf zur Durchführung der LQ-Stunden?
  • Zeichnet sich die Wirksamkeit des Programmes ab?

Auch wenn es bezüglich der letzten Frage schwierig erscheint, konkrete, belastbare Aussagen zu treffen (dokumentiert sich doch der Erfolg von insbesondere Sucht- und Gewaltprävention zu einem wesentlichen Teil darin, was nicht passiert), so lässt sich der Effekt des Programmes dennoch daran ermessen, wie sich das Miteinander im schulischen Alltagsbetrieb insgesamt atmosphärisch darstellt, wie sich Sozialgefüge und Kommunikation in einer Klasse im Laufe der Zeit entwickeln, welche Konflikthäufigkeit und –kultur zunehmend existiert, wie mit „besonderen“ Schülern umgegangen wird und nicht zuletzt auch, welche Rückmeldungen bezgl. ehemaliger JMS-Schüler man aus weiterführenden Schulen „hört“.

Nach Auswertung dieser Evaluation kristallisieren sich folgende zentrale Erkenntnisse, Reflexions- und Handlungsschwerpunkte heraus:

  • die SuS nehmen die „LQ-Stunden“ durchgängig positiv wahr,
  • der Effekt des Programms wird seitens der Kolleginnen und Kollegen mehrheitlich als akzeptabel bis hoch eingeschätzt,
  • die Arbeit mit „Erwachsen werden“ muss noch stärker ritualisiert und fachlichen Unterrichtseinheiten gegenüber gleichberechtigt behandelt werden,
  • eine Erhöhung des für LQ aufzuwendenden Zeitkontingents ist zu überlegen.